Nun bin ich frei von Religion, aber um mich mit den Traditionen und Bräuchen Bayerns näher bekannt zu machen, habe ich mir das Schauspiel angesehen.
Alle Leute hatten Zweige mit Weidenkätzchen in der Hand, die wohl die Palmenzweige symbolisieren sollten, die es zu weihen galt.
Der Pfarrer begann mit einer Geschichte aus dem Evangelium und was er erzählte führte zu Überschrift dieses Blogbeitrages:
Die Szene handelte von Jesus, der mit seinen Jüngern auf dem Weg nach Jerusalem war. Ich fasse die Geschichte jetzt mal so zusammen, wie sie mir in Erinnerung geblieben ist:
Jesus sage zu seinen Jüngern "geht und bringt mir einen Esel. Er steht dort und dort und wenn die Leute fragen warum ihr ihn nehmt, sagt "Der Herr braucht ihn". Die Jünger sind also hin und haben den Esel losgebunden und als die Leute, denen der Esel gehörte fragen "warum nehmt ihr den Esel" sagten sie "der Herr braucht ihn". Offensichtlich gab es darauf hin keinen weiteren Widerstand mehr von den Leuten dagegen, dass ihnen der Esel gestohlen wurde.
Ich dachte erst, der Pfarrer hätte ich bei der Auswahl der
Geschichte vertan, aber was ich dann beobachtet habe, hat mir gezeigt, das die
Idee, sich unter dem Deckmantel der Religion zu bereichern, bzw. sich Dinge
anzueignen, die einem nicht gehören, wohl bis heute eine Kirchentradition sein
könnte.
Nachdem der Pfarrer fertig mit seiner Rede war und die
Weidenzweige der herumstehenden Leute geweiht hatte (er wedelte dazu mit einem
Übergroßen Pinsel in der Luft herum), erklärte er den versammelten Leuten, dass
sie ihm in die Kirche folgen dürften und damit den Weg von Jesus nach Jerusalem
nachspielen.
Die Altersheimbewohner, die nicht mit durften, hatten auf
einem Tisch ebenfalls Weidenzweige aufgestellt, die ebenfalls geweiht wurden
und anschließend an die Bewohner ausgeteilt werden sollten, so dass jeder
seinen Weidenstrauß bekommen sollte. Klar, dass die abgezählt waren, so dass
auch wirklich jeder einen abbekommt.
Als der Pfarrer nun losmarschieren wollte, viel ihm auf,
dass er selbst gar keinen Weidenstrauß hatte. Schnell schickt er einen der ihn
begleitenden Jungen los um ihm einen der Sträuße von dem Tisch des Altersheims
zu nehmen. Das dann eben eine der alten Damen und Herren keinen geweihten
Strauss bekommt, für den sie über eine Stunde draußen in der Kälte gesessen
hatten, war ihm wohl nicht so wichtig.
Der Junge sagte noch etwas zu den verdutzten Betreuerinnen, als er den Strauß nahm. Ich
konnte nicht verstehen was, vielleicht war es aber:
„Der Herr braucht ihn“
Was soll ich nun daraus lernen?
War Jesus der Anführer einer Diebesbande, die wie die
mexikanischen Banden in amerikanischen Westernfilmen die Bevölkerung
terrorisiert haben und sich einfach nahmen was sie brauchten?
Ist es guter Brauch der Kirche, sich im Namen der Religion
zu bereichern?
Hält sich der Pfarrer von Kraiburg vielleicht auch für einen
kleinen Jesus?
Fragen über Fragen…